
Heinrich-Büssing-Preisträgerin 2024: Dr. Leonie Heinze
Foto: Leonie Heinze
Der Braunschweigische Hochschulbund und seine Stiftung ehren mit dem Heinrich-Büssing-Preis 2024 und einer feierlichen Preisverleihung:
Dr. rer. nat. Leonie Heinze
Titel der Dissertation: „Competing magnetic phases of frustrated quantum magnets“
„In meiner Promotion habe ich an frustrierten magnetischen Materialien geforscht“, erklärt Physikerin Dr. Leonie Heinze. Dass Forschende solche Materialien als „frustriert“ bezeichnen, hat einen guten Grund: Die Situation in den Materialien ähnelt der von drei Personen, die sich alle gleichzeitig gegenübersitzen möchten. Das ist jedoch unmöglich – egal, wie sie sich drehen – und erzeugt bei ihnen Frust.
In bestimmten magnetischen Materialien herrscht ein ähnlicher Frust, wie Dr. Heinze ausführt: „So wie sich drei Personen nicht alle gleichzeitig direkt gegenübersitzen können, können sich auch drei auf einem Dreieck angeordnete Elektronenspins nicht alle gleichzeitig antiparallel zueinander ausrichten, auch wenn dies Kopplungen zwischen den Spins diktieren. Eine solche Konkurrenzsituation findet man auch in manchen magnetischen Materialien.“ Das hat Auswirkungen auf die Materialeigenschaften: „Das Material wird durch die konkurrierenden Kopplungen magnetisch ‚verwirrt‘, und es entstehen – besonders bei Quantenspins – neuartige und ungewöhnliche magnetische Zustände“, so Dr. Heinze.
Wegen ihrer besonderen Eigenschaften sind solche Materialien nicht nur von großem Interesse in der heutigen Festkörperphysik, sondern bieten auch vielversprechende Anwendungsmöglichkeiten, beispielsweise bei der anspruchsvollen Kühlung von Quantencomputern.

Dr. Heinze mit einem von ihr untersuchten Mineral
Foto: Leonie Heinze
Im Rahmen ihrer Promotion am Institut für Physik der Kondensierten Materie an der TU Braunschweig hat Dr. Leonie Heinze drei natürlich vorkommende und frustrierte Mineralien untersucht, wobei ein Fokus auf Linarit lag, einem seltenen Mineral, das wegen seiner leuchtend blauen Kristalle bei Sammlern sehr geschätzt wird. „Als Experimentalphysiker untersuchen wir Materialien, die als Modellsysteme für frustrierte Spin-Systeme dienen. Wir setzen sie für die Experimente extrem niedrigen Temperaturen im Kelvin- oder sogar Millikelvin-Bereich aus, also nahe dem absoluten Temperaturnullpunkt, und teilweise auch hohen Magnetfeldern“, erläutert Dr. Heinze. „Erst bei solch niedrigen Temperaturen sind viele Phänomene des Quantenmagnetismus zu beobachten.“
Die in Fachkreisen vielbeachtete Arbeit von Dr. Heinze weist laut den Gutachtern „eine außergewöhnliche Tiefe in der experimentellen Forschung sowie eine exzellente Integration theoretischer Modelle“ auf. Dr. Heinze habe damit „einen herausragenden Beitrag zur Festkörperphysik und speziell zum Quantenmagnetismus geleistet.“ Für diese wissenschaftliche Leistung zeichnen der Braunschweigische Hochschulbund und seine Stiftung Dr. Leonie Heinze nun mit dem Heinrich-Büssing-Preis aus, der mit 10.000 Euro dotiert ist.
Aktuell setzt Dr. Heinze ihre Forschung an frustrierten Magneten als Postdoc am Jülich Center for Neutron Science (JCNS) des Heinz Maier-Leibnitz Zentrums (MLZ) fort. Und sie ist alles andere als frustriert darüber: „Besonders schön finde ich, wie man den Magnetismus eines Materials wie bei einem Puzzle durch viele verschiedene, sich ergänzende Experimente zunehmend besser versteht. Eine wichtige experimentelle Technik hierbei ist die Neutronenstreuung, die mir während meiner Promotion sehr ans Herz gewachsen ist.“
Vorgeschlagen von Prof. Dr. Stefan Süllow
Institut für Physik der Kondensierten Materie